
Demokratie in Bewegung
Jahresbericht 2024
Themenübersicht
Inspirierende Projekte entdecken
Menschen, Initiativen, Engagement sowie Geschichten aus der GLS Treuhand

Stiften, Fördern & Wirken
Neue Stiftungsfonds und die Förderübersicht 2024

Jahresabschluss
Unser Jahr in Zahlen & Interview mit dem Investitionspartner Pluralis

Liebe Freundinnen und Freunde der GLS Treuhand,
Ohne Bewegung keine Entwicklung, kein Wachstum, kein Leben. Auch das, was wir in unserer Gesellschaft bislang unter „Demokratie“ verstanden haben, scheint in Bewegung gekommen zu sein. Positiv gesagt: Die Debatte über das Ist und Soll unserer gesellschaftlichen Verfasstheit ist lebendig. Vorschläge zur Weiterentwicklung entstehen zuhauf, vor allem weil der Handlungsbedarf unabweislich ist: Laut einer aktuellen Umfrage sind 70,3% der Teilnehmenden für mehr Mitwirkungsmöglichkeiten für Bürgerinnen und Bürger, um das Vertrauen in die Demokratie wieder zu stärken.
Wir nehmen Teil an der Bewegung, indem wir zivilgesellschaftliche Initiativen fördern und Geld dort in den Fluss bringen, wo Wirkung und Resonanz für viele erlebbar sind:
In diesem Jahresbericht zeigen wir Ihnen einen Ausschnitt aus unserer Arbeit – teils verfolgen wir die Ziele von Freiheit, Teilhabe und Gemeinschaft selbst, teils fördern wir Projekte anderer gemeinnütziger Organisationen mit dieser Intention. Dabei dürfen diese Projekte gerne im besten demokratischen Sinne „konstruktiv anders“ sein, dürfen Reibungswärme erzeugen und Blickwinkel weiten.
Doch Bewegung hin oder her, diese im Grundgesetz so wunderschön niedergelegten Prinzipien und Grundrechte sind für uns und unsere Stifterinnen und Stifter unantastbar: die Menschenwürde, das Recht auf freie Entfaltung, ein funktionierendes Rechtssystem mit der Achtung Aller vor dem Recht, der Schutz von Minderheiten durch die demokratisch legitimierte Mehrheit sowie die Versammlungs- und Meinungsfreiheit. Gleichzeitig arbeiten wir heute verstärkt daran, die Werte und Strukturen unserer freiheitlichen Gesellschaft neu aufzuladen, weiterzuentwickeln und attraktiv zu gestalten.
Seien Sie mit dabei!


Wer wir sind und was wir tun

Treuhand in Bewegung
Wann, wenn nicht jetzt?
2024 war der Druck auf die Demokratie besonders spürbar – Desinformation, eine vergiftete Debattenkultur und Anläufe, rechtsextremes Gedankengut zu normalisieren gehörten zu den Phänomenen, mit denen wir uns auseinandersetzen mussten. Genauso spürbar war allerdings auch eine „Energie der Demokratie“:
Überall haben engagierte Menschen und Organisationen protestiert und Projekte für eine offene Gesellschaft entwickelt. Einige davon durften wir fördern und zeigen Ihnen hier eine Auswahl starker, demokratiefördernder Initiativen.
← MeetFrida Foundation - Stiftung für Kunst
Zu den Landtagswahlen in Thüringen startete die MeetFrida Art Foundation in Zusammenarbeit mit dem Kunstfest Weimar einen Aufruf zum Engagement für Demokratie und gegen die extreme Rechte:
In ganz Thüringen wurden Werbeflächen zu Kunstflächen – die Motive ausgewählter Künstler*innen traten in direkten Kontakt mit dem Betrachter, provozierten und regten zum Nachdenken an. Sie sollten zeigen, dass Vielfalt, Weltoffenheit und Toleranz zu den wichtigsten Werten gehören, auf die unsere Gesellschaft aufbaut.
Gefördert von Dachstiftung für individuelles Schenken
Zukunftsstiftung Bildung
Zukunftsstiftung Landwirtschaft
Zukunftsstiftung Mensch und Gesellschaft
GLS Zukunftsstiftung Entwicklung
Zivilgesellschaftliches Engagement, Demokratie
Menschenrechte
Wissenschaft, Kunst und Aktivismus
Junge Berichterstattung zu den Landtagswahlen
Aus den Zukunftsstiftungen
Zukunftsstiftung Bildung
Bei 33% der Kinder und Jugendlichen aus Familien mit finanziellen Sorgen sind psychische Auffälligkeiten zu beobachten1, 25 % der Grundschulkinder gelten als „schwache Leser*innen“2.
Die Projekte und Programme der Zukunftsstiftung Bildung zielen auf den Wandel. Dabei spielt die Methode des Peer-Learnings eine wichtige Rolle: Ältere und Jüngere lernen mit- und voneinander. Im Jahr 2024 haben rund 100 Schulen an den Peer-Learning-Programmen in NRW, vor allem im Ruhrgebiet, teilgenommen, viele davon in herausfordernder Lage. Für die teilnehmenden Schüler*innen ging es darin um Empathie, Vorbild sein und um mutige Verantwortungsübernahme.
„Ich hatte bei meinem eigenen Wechsel zur weiterführenden Schule zwar Vorfreude, aber auch viel Angst“, erzählt die 14-jährige Esila, die im vergangenen Schuljahr als Coachin am Peer-Learning-Programm BildungsTandems teilgenommen hat. „Das wollte ich für andere Kinder besser hinkriegen und sie in dieser Zeit gut unterstützen.“ Ihr war es vor allem wichtig, „ihren“ Grundschulkindern während des Programmjahrs Förderung beim Lesen anzubieten. Esila: „Lesen ist eine der grundlegendsten Fähigkeiten, es öffnet Türen und weckt die Fantasie.“
Über das Programm
Stattfinden konnten die Programme und Projekte 2024 durch die finanzielle Unterstützung von Berliner Senat, Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, Dachstiftung für individuelles Schenken der GLS Treuhand, Deutsche Postcode Lotterie, DFL Stiftung, Haleakala-Stiftung, Minis- terium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen, RAG-Stiftung und zahlreichen Einzelpersonen.
1 Deutsches Schulbarometer, Robert Bosch Stiftung, 2024
2 IGLU Studie 2023
Zukunftsstiftung Landwirtschaft
In turbulenten Zeiten geraten fundamentale Gefahren schnell aus dem Blick. Das betrifft den Klimawandel und die Biodiversitätskrise, aber auch neue Gefahren der Gentechnik. Eine geplante Deregulierung der Europäischen Union könnte im Laufe dieses Jahres dazu führen, dass die meisten Gentechnikpflanzen vor ihrer Freisetzung in die Natur nicht mehr auf Risiken geprüft, gekennzeichnet und rückholbar sein müssen.
Die Konsequenzen wären möglicherweise fatal. Denn seit Kurzem gibt es Computerprogramme, die die „Sprachen“ des Lebens DNA, RNA und Proteine ebenso flüssig beherrschen wie Chatbots die menschliche Sprache. EVO 2, das neueste Modell der sogenannten künstliche Intelligenz (KI) für Gentechnik wurde mit 9,3 Billionen DNA Bausteinen aus 128.000 verschiedenen Genomen trainiert, um neue Gene und selbst komplette Genome zu entwerfen. Es steht Entwicklern seit Februar 2025 frei zur Verfügung! Der Chemie-Nobelpreis 2024 ging an das KI-Modell AlphaFold, das die dreidimensionale Faltung von 200 Millionen Proteinen beschrieb. Der Gründer des AlphaFold Unternehmens Deepmind und heutige Chef von Microsofts KI-Abteilung, Mustafa Suleyman, nennt das Zusammenspiel von KI und Gentechnik die kommende technologische Welle, die die menschliche Zivilisation fundamental verändern wird, aber auch in den Untergang treiben könnte: „Das größte Dilemma des 21. Jahrhunderts“.
Wer bestimmt welche synthetischen Organismen sich demnächst in der Natur ausbreiten und wer unsere Lebensmittel und Rohstoffe hervorbringt? Wer kontrolliert die KI Modelle und ihre Anwendung? Wenige globale Agrar- und Tech-Konzerne beherrschen den Markt und investieren zwei- bis dreistellige Milliardenbeträge. Politiker scheinen einzig besorgt, nicht den Anschluss zu verpassen.
Nach allem, was wir wissen, sollten wir die Antworten nicht ein paar globalen Agrar- und Tech-Konzernen überlassen! Das zeigt auch eine neue Studie mit dem Titel „Wenn Chatbots neue Sorten züchten“. Diese hat „Save Our Seeds“, eine Initiative der Zukunftsstiftung Landwirtschaft, nun veröffentlicht und ruft dazu auf, sich der kommenden Welle vor allem da kritisch zu stellen, wo aus Programmen Lebewesen werden.
GLS Zukunftsstiftung Entwicklung
Der Bergbau benötigt sehr viel Wasser und so versuchen die Unternehmen, Zugriff auf die Quellregionen der Flüsse, die die Region Cajamarca speisen, zu bekommen. Das Wasser wird durch den Bergbau kontaminiert. Eine zuverlässige Reinigung der Abwässer gibt es nicht.
Zumeist explorieren illegale Bergbauunternehmer Gebiete und fangen einfach an zu graben. Wenn sie Bodenschätze finden, folgen internationale Unternehmen, die die Lizenz der Regierung beantragen. Die Einheimischen versuchen sich gegen diese Praktiken zu wehren, indem sie beispielsweise Zuwegungen blockieren. Doch werden sie dafür oftmals angezeigt und können sich teure Anwälte nicht leisten, um ihre Rechte geltend zu machen. So landen alljährlich dutzende Bergbauern hinter Gittern.
Hier setzt die Arbeit der Menschenrechtskanzlei González & Chilón ein. Die beiden Anwälte schulen die Menschen in Cajamarca in ihren staatsbürgerlichen Rechten, um Anzeigen zu verhindern. Auch verteidigen sie Bergbauern und -bäuerinnen, die angezeigt wurden. 2024 gelang es ihnen, sieben Freisprüche zu erzielen und damit Freiheitsstrafen von bis zu neun Jahren zu verhindern. Indirekt stärken die Anwälte damit auch das Recht der Bewohner*innen der Hochanden, ihren Lebensraum gegen diese Form internationaler Ausbeutung zu schützen.
GLS Bank Stiftung
Die Organisatoren des Geldgipfels 2024, Hanna Merki und Richard Ulrich, hoben insbesondere hervor, wie hartnäckig, kritisch, offen und zukunftsgewandt die Gipfelbeiträge Geld und Wirtschaft in den Blick nahmen. Expert*innen aus Wissenschaft, Zivilgesellschaft, Aktivismus und Wirtschaft gaben die Impulse. Darunter auch Nikolai Fuchs, Vorstand der GLS Treuhand und der GLS Bank Stiftung. Er referierte zur „Seele des Geldes“, während Aysel Osmanoglu, Vorständin der GLS Bank und GLS Bank Stiftung Denkanstöße zur „Regenerativen Wirtschaftsweise“ gab.
„Das Problem mit dem Geld tritt dann ein, wenn es anonym wird.“ Nikolai Fuchs
„Es ist wichtig mit dem Geld bewusst umzugehen – es transportiert meine Intention.“ Aysel Osmanoglu