Pressemitteilung: Erleben, was das Ruhrgebiet zusammenhält: Stadtteil-Historiker stellen wiederentdeckte Ruhrgebietsgeschichte(n) vor

Bochum, 12.06.2024. Hinter den 14 Stadtteil-Historiker*innen liegen nun fast zwei Jahre intensiver Recherche und Spurensuche. Ihre wiederentdeckte(n) Geschichte(n) aus 200 Jahren Ruhrgebiet präsentieren sie im Rahmen der feierlichen Abschlussveranstaltung in Bochum. Die GLS Treuhand als eine der Programmträger ist dabei Gastgeberin. Unter anderem sind auch die Vertreter*innen der Kooperationspartner Gerda Henkel Stiftung, Regionalverband Ruhr und Bürgerstiftung Duisburg vor Ort, die ebenfalls das Programm tragen.


Raus aus dem Elfenbeinturm der Geschichtswissenschaften und rein in das „echte“ Leben von Gewerbetreibenden, Sportsfreunden, Landwirten, Montanarbeitern, Bürgerinnen und Bürgern, Geflüchteten, Einwanderern und weiteren Menschen aus dem Pott – das versprechen die Ergebnisse der Stadtteil-Historiker, die nun präsentiert und gefeiert werden. Und wenn sich die Mosaiksteine der vielen Ereignisse aus den Stadtteilen zusammenfügen, versteht man, was das Ruhrgebiet zusammenhält: Es ist das Amalgam aus Sportsgeist, Unternehmertum, Zivilcourage, Entdeckermut, zivilgesellschaftlichem Engagement und der besonderen Art der Menschen hier. Und es ist etwas Besonderes, den Menschen zuzuhören, die nun so lange und intensiv diese vergessenen Ereignisse wieder zutage gefördert haben.

Die Projektorte der Stadtteil-Historiker sind wie folgt verteilt: 2 x in Bochum, 1 x in Dortmund, 4 x in Duisburg, 2 x in Essen, 1 x in Gelsenkirchen, 1 x in Hattingen, 1 x in Oer-Erkenschwick, 1 x in Waltrop und 1 x in Wanne-Eickel.

Waltroper Frauenmannschaft eröffnet 1974 das Dortmunder Westfalenstadion | Foto: VFB Waltrop

Die Projekte im Überblick

Lukas Paul Beiske stellt dar, wie der Stadtteil Laer sich immer wieder wandeln musste – sei es durch die Zeche Dannenbaum oder den Bau des Opelwerks. Das hat das Leben der Menschen vor Ort und das Stadtbild selbst stark geprägt. Was das bedeutet, will Beiske erlebbar machen.

Jessica May setzte sich kritisch mit dem Thema Grubenwasser und seinen Folgen zusammen, denn besonders jüngeren Ruhrpottlern ist diese Jahrhundertaufgabe kaum bekannt. Die Folgen für Gesundheit, Umwelt sowie weitere Aspekte bereitet sie als Podcast auf.

In Ihrem Einzugsgebiet stellt Stephan Kottkamp dar, welches Spannungsverhältnis die IG Metall während der Stahlkrisen der 60er bis 80er Jahre zu den Belegschaften und Betriebsräten hatte und was das an Konsequenzen nach sich zog. Dies führt auch zu einem tieferen Verständnis der gegenwärtigen Verhältnisse.

Lothar Koopmann ergründet die Geschichten hinter allen Straßennamen in Meiderich, stellt Querverweise dar und lässt dabei auch amüsante Hintergrundinformationen nicht aus.

Günter Matczik widmet sich der Siedlungsgeschichte rund um die Laarer Phoenix Hütte und der dort entstandenen Arbeiterkolonie. Der passionierte Stadtteil-Forscher hat bereits zu Marxloh und Bruckhausen vergessene Geschichte wieder aufgespürt und bereitet nun die 150-jährige Industriehistorie des wenig erforschen Laar auf.

Auch Heinz Pischke spürt der vorindustriellen Zeit in Laar bis zur Industrialisierung nach und ergründet, wie sich das Leben von einem reinen Bauern- und Fischerdorf zu einem industriellen Stadtteil gewandelt hat.

Die Projektgruppe von Thorsten Fischer, Michael Voith und Jörg Weißmann beschäftigt sich mit der Flüchtlingsmigration nach dem 1. Weltkrieg in Hamborn. Spannend ist, wie bereits damals die Integration stattfand und welche Anstrengungen im Arbeitsmarkt, Wohnungsbau und in der Gesellschaft gemeistert werden mussten. Die Ergebnisse des Projektes werden im Duisburger Mercator-Verlag veröffentlicht (ISBN 978-3-946895-52-7).

Hans-Jürgen Schreiber gibt den NS-Opfern aus Altenessen eine Stimme. Aus einer Vielzahl an Quellen zeichnet er die Lebenswege dieser Menschen nach und erklärt, wie sie ins Visier der Nationalsozialisten gelangten.

Dr. Edith Tekolf ergründet die Textilindustrie in Werden am Beispiel der hugenottischen Färberfamilie Oules. Von ihrer Herkunft in Südfrankreich, über spannende Familienbeziehungen bis zum Einfluss auf den Stadtteil zeichnet sie ein detailliertes und lebhaftes Porträt.

In Ihrem Einzugsgebiet zeichnet Hans-Joachim Koenen ein Stück Baugeschichte der Stadt nach, indem er die Gelsenkirchener Ziegeleien in den Fokus rückt. Wann kamen überhaupt die ersten Ziegeleien in die Stadt, was wurde damit gebaut und wie viele gab es zur Hochzeit? Das und viel mehr hat der ehemalige Bauingenieur zusammengetragen.

In Ihrem Einzugsgebiet hat sich Lars Friedrich mit den Kriegs- und Kriegerdenkmälern in Hattingen beschäftigt und bereitet seine Erkenntnisse dazu für Jugendliche auf. Damit sichert er ein Stück Erinnerungskultur, was in einem früheren Projekt zur Gedenkkultur in 2021 mit einem Heimatpreis der Stadt Hattingen ausgezeichnet wurde.

In Ihrem Einzugsgebiet hat Michael Huhn untersucht, wie die beiden Ortschaften Oer und Erkenschwick schlussendlich zusammengewachsen sind. Was hielten die Einwohner voneinander, bevor die Stadt zusammengelegt wurde, was veränderte sich seitdem? Zeitzeugen und intensive Recherchen brachten interessante Geschichten hervor, die sogar genug Stoff für einen VHS-Kurs boten.

In Ihrem Einzugsgebiet interessierten David und Michael Braun – Vater und Sohn, wie der örtliche Fußball sich auf die Stadt ausgewirkt hatte. Verknüpfungen zwischen Bergbautradition, Identitätsstiftung und bürgerlicher Entwicklung traten hervor, wovon heute kaum noch etwas wahrnehmbar ist. Höchste Zeit also, Fußball und Stadt wieder näher zusammenzubringen.

In Ihrem Einzugsgebiet zeichnet Emilia Valentina Rodi die Geschichten von italienischen Arbeiterfamilien in der Stadt nach. Wie lebten sie in den 1960er Jahren? Welche kulturellen Auswirkungen hatten die Italiener*innen auf die Stadt und wie war das Verhältnis zu den „Einheimischen“? Die Integrationserfahrungen von damals sind auch heute äußerst aufschlussreich.

Einladung zur Abschlussfeier am 19. Juni 2024

Lernen Sie die Stadtteil-Historiker*innen mitsamt ihren lokalen Projekten kennen. Zur feierlichen Abschlussveranstaltung und Bekanntgabe der Ergebnisse laden wir Sie herzlich ein:

Mittwoch, 19. Juni 2024 von 17.00 - 18.00 Uhr
mit anschließendem Ausklang (Einlass ab 16:30 Uhr)
GLS Werkstatt,
Christstraße 7, 44789 Bochum.

Programm:

  • Begrüßung und Einführung
    Dr. Hermann Falk, Vorstandsmitglied GLS Treuhand e.V.
  • Grußwort
    Klaus Becker, Bürgerstiftung Duisburg
  • Spurensuche - Werkstatt-Treffen - Brücken in die Zukunft
    PD Dr. Dietmar Bleidick, Projektkoordinator Stadtteil-Historiker Ruhrgebiet
  • Gesprächsrunde: Bürger*innen, die Geschichte schreiben
  • Anschließend bis 20.00 Uhr:
    Austausch und Ausklang bei Getränken und Imbiss

Hinweise für die Presse

Für Fragen und Interview-Wünsche mit Mitgliedern der Jury oder den Stadtteil-Historiker*innen sowie für eine Anmeldung wenden Sie sich gerne jederzeit an nebenstehenden Pressekontakt. Gerne stellen wir für Sie Informationen und Fotos zur Veranstaltung zusammen, wenn Sie selbst nicht dabei sein können. Melden Sie sich dazu per E-Mail bei uns.

Über uns

Die Durchführung der Stadtteil-Historiker im Ruhrgebiet ist eine Kooperation von Gerda Henkel Stiftung, Bürgerstiftung Duisburg, Regionalverband Ruhr, Stadtarchiv Bochumer Zentrum für Stadtgeschichte, Forum Geschichtskultur an Ruhr und Emscher e.V. und GLS Treuhand. Jede*r Stadtteil-Historiker*in erhielt ein Recherchebudget in Höhe von 1.200 Euro und eine fachliche Begleitung durch den Projektkoordinator PD Dr. Dietmar Bleidick. Entwickelt wurde das Projekt Stadtteil-Historiker von der Stiftung Polytechnische Gesellschaft Frankfurt am Main.

  • Klaus Becker, Vorstandsmitglied der Bürgerstiftung Duisburg;
  • Susanne Abeck, Forum Geschichtskultur an Ruhr und Emscher e. V.;
  • Dr. Hermann Falk, Vorstandsmitglied der GLS Treuhand, Bochum;
  • Timo Hauge, Regionalverband Ruhr;
  • Dr. Kai Rawe, Bochumer Zentrum für Stadtgeschichte
  • Dr. Angela Kühnen, Vorstandsmitglied der Gerda Henkel Stiftung, Düsseldorf

Die GLS Treuhand fördert mit Ideen und Geld gemeinnützige Vorhaben für eine aktive, demokratische und offene Bürgergesellschaft. Sie unterstützt mit ihren Stiftungen soziale, ökologische und kulturelle Lern- und Entwicklungsfelder. Daneben verwaltet und berät sie unselbständige und selbständige Stiftungen. Durch Spenden, Schenkungen und Erbschaften förderte sie 2023 mit ihren zahlreichen Partner*innen über 1.000 Projekte mit rund 16,3 Millionen Euro.

Ihr Kontakt für Presseanfragen

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