Förderschwerpunkt Flucht
Nachgefragt bei Dr. Hermann Falk, Vorstandsmitglied der GLS Treuhand
Niemals förderte die GLS Treuhand so intensiv Flucht-Projekte. Wie kommt das?
Das existentielle Leid der Tausenden von Kindern, Frauen und Männern, die auf gefährlichen Routen nach Europa kommen wollen, ist in den Medien nur noch wenig präsent. Umso mehr aber in den Herzen und Köpfen von Spender*innen. Ohne eigene Aufrufe erhalten wir jeden Tag Spenden für diesen Zweck. Die kleinste Einzelspende war ein Cent, die größte stammt aus einer Aktion von Civil Fleet. Es bewegt viele hier in Deutschland, wie die Menschenwürde, Hoffnungen auf ein auskömmliches Leben und eigene Entwicklungsperspektiven zerstört werden durch Krieg, Gewalt und Klimakrise.
Woher kommen die Gelder?
Besonders zu nennen ist der 2019 für diese Förderzwecke eingerichtete „Stiftungsfonds Zivile Seenotrettung“. Die Erstdotation stammte aus einem Spendenaufruf von Jan Böhmermann und Klaas Heufer- Umlauf. Seitdem fließen uns Spenden von einzelnen Menschen, Initiativen, Vereinen und Stiftungen zu.
Wie läuft die Zusammenarbeit ab?
Für den Stiftungsfonds Zivile Seenotrettung entscheidet ein autonomer Stiftungsrat, bestehend aus Vertreter*innen von fünf erfahrenen Rettungsorganisationen, über Förderanträge. Darunter ist übrigens auch eine Person mit eigener Fluchterfahrung.
Was kann jede*r von uns tun?
Natürlich brauchen die Seenotrettungsorganisationen weiterhin viel Geld und öffentliche Aufmerksamkeit. Nicht jeder von uns kann ein*e „Held*in“ oder Aktivist*in vor Ort sein. Aber fast jede*r kann einen Betrag spenden, im eigenen Umfeld für eine Willkommenskultur eintreten, klare politische Bekenntnisse von Abgeordneten und kommunalen Vertretungen einfordern. Zudem benötigen wir einfachere Rechtsgrundlagen für grenzüberschreitende Spendenvergaben, die wir auch im Aufruf "EU Weite Spendenpraxis“ anmahnen (www.gls-treuhand.de/europableiben).
Was sind Beispiele aus der Projektarbeit?
Der Stiftungsfonds Zivile Seenotrettung erhält Anträge aus ganz Europa. Die geförderten NGOs sind in allen Belangen zugunsten der schutzbedürftigen Menschen und den dafür tätigen Freiwilligen aktiv. So braucht es Mut und Geld, sich gegen Strafrechtsverfolgungen und systematische Asylrechtsverletzungen an den EU-Außengrenzen zur Wehr zu setzen. Aber auch Geld ganz „klassisch“ für die Ausrüstung und den Betrieb von Rettungsschiffen. Die Weiterbildung und psychologische Stärkung von Aktivist*innen wird ebenfalls geleistet. Zur Verbesserung des Verhältnisses von Einheimischen und Geflüchteten auf Lesbos gibt es dort auch eine geförderte Initiative zur Müllsammlung und zum Plastikrecycling. Die Handlungsvielfalt ist wirklich enorm!