GLS Treuhand betreut Stiftungsfonds Zivile Seenotrettung
Stiftungsfonds Zivile Seenotrettung startet und unterstützt Angeklagte der „El Hiblu 1“
Über eine Million Euro kamen beim Spendenaufruf von Jan Böhmermann und Klaas Heufer-Umlauf anlässlich der Rettungsaktion von Carola Rackete und der Sea-Watch 3 zusammen. Der daraus entstandene „Stiftungsfonds Zivile Seenotrettung“ nimmt nun die Arbeit auf und finanziert die Verteidigung dreier Geflüchteter im Fall der „El Hiblu 1“.
Auch ein zweites Projekt wurde bereits bewilligt. Dabei geht es um zwei Personalstellen für die Organisation Sea-Eye, durch die ein nachhaltiger Betrieb des Rettungsschiffes Alan Kurdi gewährleistet werden soll.
Der Stiftungsfonds wurde im September 2019 gegründet. Er fördert gemeinnützige Organisationen, die im Mittelmeer Menschenleben retten oder Aktivist*innen in staatlichen Rechtsverfahren unterstützen. Die Förderbeschlüsse werden durch den fünfköpfigen Stiftungsrat demokratisch gefasst. Im Stiftungsrat sind Vertreter*innen der fünf Seenotrettungsorganisationen Civilfleet, Sea-Eye, Sea-Watch, Seebrücke und Solidarity at Sea (Solas) ehrenamtlich engagiert; strikte Regeln verhindern Interessenkonflikte.
Der „Stiftungsfonds Zivile Seenotrettung“ wird von der GLS Treuhand betreut.
Pressemitteilung der Gründungsorganisationen
Erste Förderung des Stiftungsfonds Zivile Seenotrettung: Rechtshilfe für die jugendlichen Angeklagten der El Hiblu
- Stiftungsfonds Zivile Seenotrettung nimmt Arbeit zur Verwaltung der Mittel aus der Spendensammlung von Jan Böhmermann & Klaas Heufer-Umlauf auf.
- Erste Mittel finanzieren Verteidigung dreier Geflüchteter im Fall der “El Hiblu1.”
- Mit der Übernahme der Verfahrenskosten soll deutlich gemacht werden, dass bei der Kriminalisierung von Flucht vor allem Menschen, die selbst flüchten, im Zentrum stehen und nicht nur weiße Retter*innen.
- Heute findet in Malta eine Anhörung der drei Angeklagten statt, zwei davon sind minderjährig. Sollten die Vorwürfe stimmen, haben diese über 100 Menschen vor der illegalen Rückführung in libysche Folterlager bewahrt und in Notwehr gehandelt.
Im Zuge der spektakulären Rettungsaktion von Carola Rackete und der Sea-Watch 3 hatten “Jan Böhmermann und Klaas Heufer-Umlauf über eine Millionen Euro Spenden gesammelt. Gemeinsam mit Sea-Watch wurde daraus der Stiftungsfonds Zivile Seenotrettung gegründet. Die Mittel werden von einem Gremium, bestehend aus fünf Organisationen aus Zivilgesellschaft und ziviler Seenotrettung, vergeben, um sicherzustellen, dass die Spendengelder bestmöglich im Sinne ziviler Seenotrettung und gegen die Kriminalisierung von Flucht und Fluchthilfe eingesetzt werden.
Neben Sea-Watch sind Sea-Eye, die Seebrücke, Solidarity at Sea und die Civilfleet mit je einem Mitglied vertreten. Förderanträge können aber auch von anderen Initiativen gestellt werden.
Mit den ersten Mitteln aus dem Fonds wird nun das Verfahren von drei Geflüchteten, zwei davon minderjährig, finanziert, welche seit Ende März in Malta vorläufig inhaftiert sind. Ihnen wird vorgeworfen, den Tanker El Hiblu 1 gekapert zu haben. Abgesehen von der äußerst dünnen Beweislage für eine Straftat, haben sie damit über 100 weitere Menschen, darunter schwangere Frauen, vor der illegalen Rückführung in libysche Folterlager bewahrt und damit wahrscheinlich nicht nur deren Leben gerettet, sondern auch in Notwehr gehandelt. Heute findet in Malta eine fünfte Anhörung zu diesem Fall statt.
“Europaweit laufen hunderte Ermittlungsverfahren, nicht nur gegen Kapitäninnen wie Carola Rackete oder Pia Klemp, sondern vor allem gegen die Menschen, die unter Einsatz ihres Lebens, für sowohl ihre als auch für die Rechte anderer einstehen. Über den Medienhype wurden all die Geflüchteten vergessen, die sich vor Gericht für ihre Solidarität verteidigen müssen,” sagt die Juristin Sophie Scheytt, die Sea-Watch im Gremium vertritt. Die ersten Mittel des Stiftungsfonds wurden daher bewusst zur Verteidigung Geflüchteter eingesetzt. “Wir wollen damit deutlich machen, dass die Kriminalisierung von Flucht nicht nur weiße Retter*innen betrifft, sondern in erster Linie vor allem Flüchtende selbst, die oft nicht auf vergleichbare Unterstützungsstrukturen zurückgreifen können.”
Das UN Hochkommissariat für Menschenrechte hatte bereits gefordert, die Hauptanklagepunkte fallen zu lassen, am heutigen Donnerstag findet nun erneut eine Anhörung der drei Angeklagten statt, von denen zwei minderjährig sind. “Wir fordern, dass das Verfahren sofort eingestellt wird. Wenn die drei Jugendlichen überhaupt einen Rechtsverstoß begangen haben sollten, dann wäre dieser jedenfalls durch ihr Recht auf Notwehr gedeckt. Libyen ist kein sicherer Hafen,” sagt Tareq Alaows von der Seebrücke.
“Dass minderjährige Geflüchtete über Monate eingesperrt und mit abstrusen Haftstrafen bedroht werden, weil sie über 100 Menschen vor der illegalen Rückführung in libysche Folterlager bewahrt haben, ohne dass dabei irgendjemand zu Schaden gekommen wäre, ist eines Rechtsstaates unwürdig,” sagt Lea Reisner von Solidarity at Sea, “zumal diejenigen, die den täglichen Völkerrechtsbruch organisieren und so den Tod Hunderter zu verantworten haben, frei herumlaufen.”
Ein zweites Projekt, das bereits bewilligt wurde, betrifft zwei Personalstellen für die Organisation Sea-Eye, durch die ein nachhaltiger Betrieb des Rettungsschiffes Alan Kurdi gewährleistet werden soll. Dieses befindet sich derzeit in der Such- und Rettungszone im Einsatz. “Weitere Anträge werden im Moment geprüft,” sagt Lena Meurer von Sea-Eye, “alle solidarischen Initiativen und Betroffene können Gelder beantragen. Dass im Zuge von Carola Racketes Rettungsaktion gesammelte Spenden nun an unterschiedliche Projekte verteilt werden, ist ein wichtiges Zeichen. Nur gemeinsam können wir ein solidarisches Europa erreichen.”
Der Stiftungsfonds Zivile Seenotrettung wird von der gemeinnützigen GLS Treuhand in Bochum betreut.
Für Rückfragen oder Interviews stehen wir gerne zur Verfügung:
Zum Stiftungsfonds Zivile Seenotrettung
www.stiftung-seenotrettung.org
tareq@seebruecke.org
+4915786459430
Zum El Hiblu 1 Verfahren
www.sea-watch.org
+491579 2354723
presse@sea-watch.org
Der El Hiblu 1 Fall wurde von dem Journalisten Zach Campbell hier ausführlich rekonstruiert.