Aktuelles
Über Schönheit, Vielfalt und Begegnung
31.05.2024
Im „Salon für Schönes, Diversität und Dialog“ wirken Beauty Experts mit und ohne Zuwanderungsgeschichte zusammen – was hier passiert, ist mehr als Maniküre und Haareschneiden. Wir haben die Initiatorin des besonderen Schönheitssalons interviewt.
Die Schönheitsexpert*innen des GRAND BEAUTY SALON in Leipzig kommen aus Afghanistan, Mexiko, Syrien, Libyen, Portugal, Venezuela und Deutschland. Die Schönheitsbehandlungen sind interkulturelle Begegnungsmomente; der Salon ein Raum für Zuwendung, Fürsorge, Berührung.
„In unserem Salon verbinden sich die Formen des Schönen über die Grenzen von Sprache und Kultur hinweg.“ (Frauke Frech, Künstlerische Leitung)
Austausch und Begegnung über das universelle Thema Schönheit zu schaffen ist unkonventionell und bringt dabei sonst oft schwer erreichbare Zielgruppen zusammen. In Sachsen braucht es zudem mehr denn je Initiativen wie den GRAND BEAUTY SALON, die konstruktiv auf unsere immer diverser werdende Gesellschaft reagieren – und Menschen für Vielfalt begeistern.
„Die Schönheit und Chance der Vielfalt“
Interview mit Frauke Frech, Gründerin und Künstlerische Leitung vom Grand Beauty Salon
Vor rund zehn Jahren fing alles an: Die Performance-Künstlerin Frauke Frech engagiert sich damals im „Grandhotel Cosmopolis“: ein Ort, der geflüchteten Menschen würdevollen Wohnraum schenkt – und der Menschen mit und ohne Migrationsgeschichte zusammenbringt. Hier wird die Idee für den „Grand Beauty Salon“ geboren. Denn hier lernt Frauke Frech zahlreiche Schönheitsexpert*innen aus aller Welt kennen – und spürt, wie viel Potential für Begegnung im Thema Schönheit liegt.
Eine Förderung aus dem Stipendiumsprogramm der Zukunftsstiftung Mensch und Gesellschaft (damals noch „Zukunftsstiftung Soziales Leben“) gibt ihr vor rund zehn Jahren den finanziellen Freiraum um das Projekt rund um einen Schönheitssalon als Begegnungsort zu entwickeln. Fraukes Mentorin der Stiftung Christiane Altenkamp erinnert sich:
„Frauke ist wirklich eine inspirierende Persönlichkeit, mit spannenden künstlerischen Ansätzen. Ich denke daran, wie zugewandt sie mit Menschen spricht, wie sie Menschen verbindet, dabei schaut, was diese Menschen brauchen, wie sie positiv etwas zusammen gestalten können – sie schafft es immer wieder neue Formen der Begegnung zu schaffen. Es gab dadurch in der Vergangenheit vielfältige Kontakte zur GLS Treuhand und zur GLS Bank.“
Neugierig geworden? So ging es auch Elaine Bach, die Frauke Frech für uns im Mai 2024 interviewen durfte:
Elaine Bach: Wie kam es zu der Idee für diesen ganz besonderen Schönheitssalon?
Frauke Frech: Das Grandhotel Cosmopolis, in dem ich vor zehn Jahren gewohnt und künstlerisch gearbeitet habe, ist nicht nur Unterkunft, Café und Künstler*innen-Atelier, sondern bietet auch Raum für Projekte, für Begegnung, für echte Willkommenskultur. Hier haben wir 2014 erste Schönheitsaktionen veranstaltet. Dabei haben wir das Potential erkannt, was über das Thema Schönheit an Nähe, Vertrauen und Wertschätzung untereinander, an positiven Initialmomenten zwischen Menschen verschiedener bubbles / Milieus erreicht werden kann.
EB: Wir erleben heute, verstärkt durch Rechtsruck und Populismus, wieder viel zu häufig Ablehnung und Gewalt als Antwort auf Migration. Du setzt so einer Entwicklung etwas bedeutend Schönes, einen „Salon für Schönes“ entgegen – was ist deine Motivation?
FF: Wir wollen die Schönheit und Chance von Migration erlebbar machen. Die Atmosphäre im Grand Beauty Salon war uns dafür von Anfang an sehr wichtig, es soll ein Ort zum Wohlfühlen sein. Die Menschen sollen sich willkommen fühlen, entspannen können, auf eine niedrigschwellige Weise zueinander finden. Wir haben die Räumlichkeiten dafür bewusst einladend und fast privat gestaltet.
„Es gibt in unserer Gesellschaft viel zu wenige Orte, wo man als Mensch sein darf. Der Grand Beauty Salon soll ein einladender Ort sein, er soll Raum für Schönes schaffen.“
EB: Vor kurzem ist der Salon, der seit 2022 im Leipziger Robert-Koch-Park sein Zuhause hatte, umgezogen in die Fußgängerzone von Grünau, einem für seine Diversität bekannten Stadtteil Leipzigs. Wie kommen Menschen in Kontakt mit dem Angebot des Grand Beauty Salons?
FF: Wir öffnen den Salon wöchentlich zum Beauty Exchange, machen Pop-up-Aktionen, veranstalten Workshops (wie z.B. „Henna und Empowerment“), Workshops für Selfcare-Practices, durch die Menschen zu uns finden. Dann gibt es Kooperationen mit Netzwerken, Familienzentren, Schulen. Durch den neuen Standort inmitten des Alltagslebens von Grünau kommen mehr Zufallsbegegnungen zustande – was schön ist, um den Raum noch weiter zu öffnen und Menschen auch spontan zu uns einzuladen.
EB: Die GLS Treuhand begleitet das Projekt als Förderpartner schon seit vielen Jahren – eine beeindruckende Kontinuität zeigt sich in der Weiterentwicklung der Initiative. Der Interventionsbüro e.V. war bisher Träger des Projekts. Wie sieht die Zukunft des Grand Beauty Salons aus?
FF: Wir sind momentan in einem Prozess der Organisationsentwicklung und schauen uns an, wie wir den Grand Beauty Salon größer denken können. Es ist Zeit unser Projekt dauerhaft zu stabilisieren – für die Menschen, die das Projekt gestalten aber auch wegen des gesellschaftlichen Beitrags. Gleichzeitig ist das Thema Wissenstransfer gerade im Fokus: Wie können wir die wertvollen Erfahrungen und Ansätze, das „erfolgreiche Modell“ an andere weitergeben? Wir arbeiten derzeit an einem Methodenhandbuch zur Inspiration und entwickeln Wissenstransfer-Workshops für interessierte Initiativen.
EB: Was hat die Förderung durch die GLS Treuhand konkret bewirken können?
FF: Die Förderung wurde zum Großteil für Personal- und Mietkosten oder auch den laufenden Betrieb des Salons genutzt. Zudem fließen Gelder in das Methodenhandbuch. Die Beauty Experts arbeiten teilweise ehrenamtlich und bekommen eine hierfür Übungsleiterzahlungen. Zudem gibt es Minijob-Anstellungen und Honorare für Workshop-Leiter*innen. Momentan ist der Salon einmal die Woche geöffnet – das soll ab Herbst ausgebaut werden.
Noch eine besonders schöne Nachricht zum Schluss: Der Grand Beauty Salon wurde 2024 als eines von sechs neuen Modellprojekten im Förderprogramm „Orte der Demokratie“ des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung ausgewählt. Denn das Projekt schaffe „einen kostbaren und seltenen Moment des Austauschs von Menschen aus unterschiedlichen Communities, baut im wahrsten Sinn des Wortes Berührungsängste ab und motiviert zu aktiver Gestaltung von Zivilgesellschaft.“
Dem können wir uns nur anschließen – und wünschen Frauke und allen Projektpartner*innen alles Gute für die mit Sicherheit „schöne“ Zukunft des Salons!