Wir lernen es von Kindesbeinen an: Samen aus Pflanzen können im nächsten Jahr wieder ausgesät werden. Spätestens seit der Einführung des „hybriden Saatguts“ braucht es hier eine weitere Lehrstunde: Denn die durch komplizierte Zuchtverfahren hergestellten Hybrid-Sorten sind für eine erneute Aussaat unbrauchbar und müssen daher jährlich neu eingekauft werden. Ein gutes Geschäft für die heute gerade einmal drei agrarindustriellen Anbieter, die sich 60 Prozent des kommerziellen Saatgutmarktes weltweit aufteilen. Und eine Zwickmühle für ökologische Höfe, die ein natürlich widerstandsfähiges Saatgut brauchen.
Hier zeigt sich der Erfolg des Saatgutfonds. Aus deutschlandweit ehemals 20 ökologischen Pflanzenzüchter*innen sind über 100 kleine und große Betriebe geworden. Vor 25 Jahren gab es keine, heute über 50 biologische Getreidesorten und noch viel mehr nachbaubare Gemüsesorten. Zu dieser Entwicklung hat der Saatgutfonds maßgeblich beigetragen. Denn bis zur Marktreife einer neuen Sorte braucht es etwa zwölf Jahre. Die dafür notwendige Züchtungsforschung wird durch den Saatgutfonds langfristig gefördert. Möglich machen das viele Spender*innen, Biounternehmen und Stiftungen. 1996 gestartet mit 70.000 Euro erreichten den Saatgutfonds im letzten Jahr 1,7 Millionen Euro Spendengelder.
"Saatgut ist der Inbegriff des Lebendigen! Die große Kraft der kleinen Samen ist die Grundlage unserer Ernährung. Und öko-gezüchtete Sorten sind eine wesentliche Grundlage für gesunde Böden, sauberes Grundwasser und eine nachhaltige Artenvielfalt für zukünftige Generationen“, sagt Oliver Willing, Geschäftsführer der Zukunftsstiftung Landwirtschaft.
Trotz der ermutigenden Entwicklung ist der Saatgutfonds ein „kleiner Spieler“ im Vergleich zu den weltweit agierenden konventionellen Saatgut- und Chemieunternehmen. Die zukünftigen Aufgaben bleiben enorm. Stella Bünger vom Saatgutfonds ergänzt daher:
„Wir wissen um den Bedarf. 2020 wurde erstmals das Saatgutangebot eines der größten biologischen Anbieter leergekauft. Das ist ein großartiger Erfolg und eine Bestätigung unserer 25-jährigen Arbeit. Doch in Anbetracht der vielen Anforderungen aus der Klima- und Biodiversitätskrise läuft uns auch die Zeit davon. Weltweit müssen mehr ökologische, gentechnikfreie und vermehrungsfähige Sorten erhalten und weiterentwickelt werden. Dafür sind wir dringend auf weitere Spenden angewiesen!“
Beim Saatgutfonds wird anlässlich des 25-jährigen Jubiläums sowohl gefeiert als auch mutig und geschäftig nach vorne geschaut. Die nächste Utopie ist schon im Blick:
„Wir brauchen mehr ökologische Zuchtgärten und junge Züchter*innen, um eine noch größere Vielfalt widerstandsfähiger, wohlschmeckender, fruchtbarer Sorten zu entwickeln. Für einen Ökolandbau mit 100 Prozent Ökosorten!“,
hofft Stella Bünger. Hört sich das wieder nach einer fernen Utopie an? Bei dem Saatgutfonds sollte man sich da nicht täuschen lassen. Auch da wird er vermutlich etwas bewegen. Zum Glück!
Über die Zukunftsstiftung Landwirtschaft
Saatgut ist die Grundlage unserer Lebensmittel, ein Kulturerbe der Menschheit und ein Gemeingut, was für jeden zugänglich sein sollte. Der Saatgutfonds fördert seit 1996 die ökologische Entwicklung von gentechnikfreiem und vermehrungsfähigem, fruchtbarem Saatgut, das an die Bedingungen einer biologischen Landwirtschaft angepasst ist. Er widersetzt sich damit dem Trend der Kommerzialisierung. Der gemeinnützige Fonds finanziert sich rein aus Spendengeldern. Weitere Informationen auch auf: www.saatgutfonds.de
Über die Zukunftsstiftung Landwirtschaft
Die Zukunftsstiftung Landwirtschaft in der GLS Treuhand fördert Initiativen, die sich für die Stärkung und Weiterentwicklung der ökologischen Landwirtschaft einsetzen. Dabei wirkt sie insbesondere in den Themenfeldern ökologische Saatgutzüchtung, Tierzucht und landwirtschaftliche Bildung und Ausbildung sowie für eine gentechnikfreie Landwirtschaft. Weitere Informationen auch auf: www.zukunftsstiftung-landwirtschaft.de